Rügen - Sagen und Geschichten
• Der Aufhocker
• Der eroberte Becher
• Das zweite Gesicht
• Der Dobberworth lässt sich nicht abtragen
• De Nachtjäger up Mönchgod
• Der Goesselschutz
• Begegnung mit dem wilden Jäger
• Die Entstehung des Dobberworths
• Der Feuerdrache
• Die Herthabuche
• Der gespenstische Reiter
• Die Herthasage
• Der Königsstuhl
• Die Jungfrau am Waschstein
• Der Pfennigkasten
• Die Schätze des Hiddenseer Klosters
• Der Schatz im Poltenbusch
• Die schwarze Frau in der Stubbenkammer
• Die Unterirdischen im Dobberworth
• Die Steinprobe
• Mutter Viddens Lohn
• Die Waschjungfer am Zudar
• Störtertebekers Grab
• Musikanten im Garzer Wallberg
• Land ab
• Prinzessin im Garzer Wallberg
• Teufelsspuk
• Schatzhüter im Garzer Schlosswall


Der Aufhocker

Die Reddevitzer Bauern glaubten, daß es am Venzbusch spukt. Ein Thiessower Fischer, der mit seiner Frau zur Nachtzeit dort vorüberkam, erblickte eine kopflose menschliche Gestalt. Die Frau gewahrte jedoch nichts davon. Der Mann wollte dem Gespenst ausweichen. Das gelang ihm jedoch nicht, denn plötzlich fühlte er seinen Hals umschlungen von Geisterarmen und auf seinem Rücken hockte eine schwere Last, die von Minute zu Minute drückender wurde. Er wäre sicherlich zusammengebrochen, wenn ihm nicht der glückliche Gedanke gekommen wäre, mit seiner Bürde ins Wasser zu gehen. Als ihm das Wasser bis an den Hals reichte, ließ der Aufhocker von ihm ab. Sobald er sich aber dem Land wieder näherte, fühlte er aufs Neue die unheimliche Last auf seinem Rücken. Seine Frau wunderte sich nicht wenig über dieses Verhalten, konnte ihren Mann aber nicht davon abbringen. Erst vor Thiessow konnte er unbehelligt aus dem Wasser waten und seinem Hause zuwanken. Eine längere Krankheit war die Folge.


Das zweite Gesicht

Auch von dem "zweiten Gesicht"  ist immer noch die Rede. Fast in jeder Familie sind Geschichten im Umlauf, die von vorzeitiger Todesahnung berichten. Entweder erscheint im Traum der Verwandte kurz vor seinem Tode, oder er tritt in die Wohnung ein, ohne zu sprechen. Dann sagt man zu ihm: "Ja, dann geh Du man", worauf der Tote nie wieder erscheint. Hier noch eine Geschichte: Ein älterer und ein jüngerer Fischer fuhren mit ihrem Boot zum Flunderverkauf nach Greifswald, und trotz des stürmischen Wetters entschlossen sie sich, noch am gleichen Abend nach Göhren heimzukehren. Bei Thiessow jedoch segelten sie um und ertranken. Zu der selben Stunde sah ein Freund den jüngeren Fischer in Middelhagen auf der Landstrasse daherkommen. Er sprach ihn an, doch dieser antwortete ihm nicht. Er ging an ihm vorbei zum Kirchhof und verschwand dort. 


De Nachtjäger up Mönchgod 

Wenn de Sommer tau Enn’ is, de Feller kahl worden sünd und de Harwststorm öwer den schwarten Acker un de düster Wälder tüht, denn kümmt uck de wille Nachtjäger wedder an, taum grötsten Schrecken von de Wild- und Holtdeiw. Hoch in de Luft jagd he up füerig Pird, wiet vör em flücht’ ne ganze Masse witter Wiwer hinner de is hei her, up de het hei dat awseihn. Vör väle Johren stund ees des Nachts up de Phillipshäger Möhl de Möllergesell in de Möhlendör un kek int Wäder. As hei noch so kek, dunn wurd`t  mit` n mal in de Luft so josen und tosen, dat`n Bangbüchs woll gliecks uträten wir. Uns´ Möllergesell wüßt öwer von Grugen un Ängsten uck nich`n Deut af, un wenn´t up em ankamen wir, hei hadd sich woll gor mit´n Deuwel fat´t. "Haha", dacht hei, "nu giwt´t wat tau seihn; dit´s de Waud!" Un so was´t. As uns´ Möllergesell kuum so dacht hadd, kem die Nachtjäger up sien füerig Pird em uck al tau Gesicht. "Hoho, oll Fründ", joste de Gesell, "de halwe Jagd is min!" De Jäger kek em an un nickte. - De Möller mahlte sin´ eben Staken wieder, un as den Morgen kem, dunn wull hei taupassen un nah Huus gahn. Wat kreeg hei öwer för´n Schreck, as hei unner den Buck von de Möhl´n halwes Wiw  mit kridewittes Fell un kridewittes Hoor finnen ded! De halwe Jagd hadd hei sick wünscht, un dei Nachtjäger hadd sinen Wunsch erfüllt.  - Dat junge Volk glöwt nich mihr an den Nachtjäger, äwer männig Oller paßt genau up, dat nah Sünnen-unnergang de Dörn, de in de ollen Hüser hinner´n anner liggen, jo verschlaten  warden; denn süß fohrt de Nachtjäger dörch dat Huus un nimmt Glück un Segen mit weg. 


Begegnung mit dem wildem Jäger 

Großmudder  vertellte: As ick noch jung wir, müßten wie in´n Harwst ümmer von Rugenhof nah Ralow gahn un bi´t Flaßschwingen helpen.
Eenes Nachts wak ick up un denk, dat is all heel Tiet, nah Ralow to gan, treck mi flink an un mak mi mit denSchwingblock un blatt up den Weg. As ick un den Busch kem, hür ick Hunn´ bellen und eene Mischstimm, de röpt ümmerto: "Hoho!Hoho!" Ick denk so bi mi, de Förster holt hier woll Freiwjagd aw, un gah wieder. Nu was dor´n  Graben mit´n lütt Steg, un dorhinner wir´n Holttuun. As ick nu öwer dat Steg un öwer den Tuun röwerstegen wir, stunn mit ees de Förster vör mi un haar´n lütt Hüning upnehmen un öwer den Tuun un dat Steg setten. Ick wir ook willens dorto, legt minen Schwingblock un Blatt up de Ird un nehm dat lütt Hünning up´n Arm - öwer don is de Hund mit ees´n naktes Kind. Ick kreeg eenen furchtboren Schreck, let dat Kind fallen, greep nah min Schwinggerät un leep all wat dat Tüüg hollen wull nah Ralow to. As ick hier ankem, schleep noch alls. Ick makt Larm, un se leeten mi jo ook int Huus rin, un don stellt sick heruut, dat de Klock eben erst een wir. Ick wir den  willen Jäger in de Mitternachtsstunn´ begegent. Ick würd dorvon so krank, dat de Lüd mi mit Pierd un Wag´ hebben nah Huus führen müßt. 


Der Feuerdrache

Viele Leute haben des Nachts den Feuerdrachen gesehen, wie er mit langen Schweif langsam durch die Luft zog. Nach der Erzählung war das der Teufel. Wenn man sich gerade unter dem Drachen befindet und ausruft: „Schmiet dal, hal miehr! ", so wirft er, falls man ein  Kreuz auf dem Kopf trägt, bedeutende Schätze herunter. Fehlt aber das Kreuz, wird man mit ekligem Schmutz beworfen, der sich nie wieder abwaschen läßt. 


Der gespenstische Reiter 

Noch häufig hält sich ein gespenstischer Reiter mit einer starken Dogge in der Nähe des Mönchgrabens auf. Das Riemenzeug des Pferdes glänzt und funkelt im Mondlicht. Es ist aus reinem Silber. Die Steigbügel sind aus purem Gold. Das edle Pferd ist schaumbedeckt. Wer schnell das Pferd mit einem Tuch trocken reibt, erhält Gold und Silber zur Belohnung. 


Der Königsstuhl

Der Königsstuhl, zwar nicht die höchste Erhebung in der sagenumwobenen Stubnitz, aber doch der bekannteste Kreidefelsen, war bei der Königswahl entscheidend. Der mutigste Bewohner der Insel mußte von der Seeseite aus den hundertneunzehn Meter hohen Felsen ersteigen.
Hatte er diese Mutprobe bestanden, durfte er sich auf den Stuhl setzen, der aus Steinen errichtet war, und wurde damit zum König bestimmt. 


Der Pfennigkasten

In der Nähe des Herthasees, am Waldweg nach Hagen liegt ein geöffnetes Steinkistengrab. Der Priester der Göttin Hertha hat dort das ihr geopferte Geld verwahrt.
Die Kammer des Großsteingrabes soll bei seiner Öffnung  bis an den Rand mit Geld und Gold gefüllt gewesen sein.


Der Schatz im Poltenbusch 

Etwa hundert Schritte östlich von der  Straße Garz- Zudar liegt ein kegelförmiges Hühnengrab, das  im Volksmund "der Poltenbusch" genannt wird. Die Leute sagen, beim Poltenbusch spukt es. Andere sprechen von großen Schätzen unter dem Poltenbusch. Einst sah eine Frau, die vom Dorf Zudar nach Garz ging, helles Licht im Poltenbusch  brennen. Als sie näherging, erkannte sie einen Mann, der dort saß und Geld zählte. 
Die Frau gehörte nicht zu den Schüchternen. Kaum gewahrte sie das viele Geld, kniete sie schon nieder und füllte sich ihre umfangreiche Bauernschürze damit. Doch nicht zufrieden, mietete sie sich in Garz ein Fuhrwerk und kehrte zum Fundort zurück, um noch mehr zu nehmen. 
Mit dem Fuhrmann lud sie soviel auf den Wagen, als dieser fassen konnte. Als der Fuhrmann das Pferd antrieb, um schnell nach Hause zu kommen, blieb das Tier wie festgebunden auf der Stelle stehen. Weder die Peitsche noch gütiges Zureden half. Es blieb nichts weiter übrig als Hilfe zuholen. Als sie nach zwei Stunden wiederkamen, war der Wagen leer. Der Schatz war verschwunden. Die Helfer lachten beide aus. 


Die Unterirdischen im Dobberworth

Im Dobberworth haben vormals Unterirdische gewohnt. Einmal wurde ein Bauer von ihnen gebeten, eine Fuhre Getreide zu einer bestimmten Stunde an den Dobberworth zu bringen. Als sich der Bauer darüber wunderte, daß er mitten auf seinem Feld Korn abladen sollte, denn er hatte sein Gesprächspartner nicht als Unterirdisch erkannt, hieß man ihn, das Getreide trotzdem zu bringen. Am Dobberworth angelangt, fand er ihn weit geöffnet und fuhr mit seinem Gespann eine gute Strecke in den Berg hinein. Zur Belohnung wurde ihm soviel Gold auf seinen Wagen geladen, wie die Pferde ziehen konnten. Es wurde ihm aufgetragen, sich nicht umzuschauen. Der Bauer mußte sich aber nach dem Gold umwenden, und siehe da der Berg verschloß sich. Die Pferde und der Bauer kamen glücklich davon. Den halben Wagen und das Gold hat der Dobberworth verschlungen. 


Mutter Viddens Lohn 

Als die Mönche von Corvei im 9. Jahrhundert die Ranen zum christlichen Glauben bekehren wollten, reiste einer der Missionare auch nach Hiddensee. In einer Fischerhütte bat er um Aufnahme. Die Besitzerin wies ihn jedoch mit harten Worten zurück. Bei einer armen Nachbarin ward er aufgenommen und verpflegt. Am folgenden Morgen bedankte er sich mit folgenden Worten: "Ich habe nicht viel Gold und Silber, um dir die Bewirtung zu bezahlen, allein Dein erstes Geschäft an diesem Tage soll Dir gesegnet sein". Bald danach suchte sie ein Stückchen Leinwand aus der Truhe, um es für ein Kleidungsstück nachzumessen. Das Messen nahm aber kein Ende. Sie maß und maß den ganzen Tag hindurch, bis die Sonne unterging. Das ganze Haus war voller Leinwand. Mutter Vidden war bis an ihr Lebensende reich belohnt. Nach ihr soll das Dorf in dem sie wohnte, den Namen Vitte erhalten haben. 


Störtebekers Grab

Auf der kleinen Insel Tollow südlich von Zudar inmitten der Malziner Wiek soll Störtebeker begraben liegen. Seine Leiche ruht in einem goldenen Sarg, an der eine goldene Kette angebunden ist, deren Ende bis direkt an die Oberfläche reicht. Manche sagen, der Sarg ist auf der Insel beigesetzt, andere erzählen, er steht auf dem Meeresgrund in der Seenhaling. Viele Menschen haben im Laufe der Jahre nach der goldenen Kette gegraben, um den Sarg zu finden; aber immer vergeblich. Und doch ist das Geheimnis, wo der Schatz ruht, nicht unbekannt. Immer ein Fischer in einem benachbarten Küstendorf kennt den Ort. Es ist ihm untersagt, mit anderen Menschen darüber zu reden. Erst kurz vor seinem Tod muß er sein Wissen einem anderen Fischer anvertrauen, damit es nicht vergessen wird. So kommt es, daß immer nur ein Lebender die Stelle des Begräbnisses kennt. Niemand aber weiß, wer zur Zeit im Besitz des Geheimnisses ist. 


Land ab 

Die Sturmfluten beschäftigten die Phantasie der Mönchguter am meisten. Die Sage erzählt, daß Mönchgut ursprünglich mit dem genüberliegenden Festland beinahe zusammengehangen hat. Nur ein schmaler Graben war dazwischen, und dieser wurde durch einen Steg aus Pferdeknochen überbrückt. Einmal warf eine leichtfertige Frau ein Brot in den Graben; zur Strafe brach eine Sturmflut herein, die die Verbindung zerstörte und ein großes Stück von Mönchgut abriß. Nur die beiden Inseln Ruden und Greifswalder Oie blieben verschont. Das Wasser strömte mit voller Macht in diese Meerenge und bildete das „Neue Tief". Zur damaligen Zeit glaubten die Mönchguter auch an böse Menschen, die das Vieh verhexten, und an den Teufel, der immer neue Gestalt annahm, um möglichst viele Menschen in seine Macht zu bekommen. 


Teufelsspuk

Vor vielen, vielen Jahren stand dort, wo noch der Burgwall zu sehen ist, ein großes und schönes Heidenschloß, in dem die Bewohner ihre Götzen anbeteten. Dieses Schloß wurde von den Dänen eingenommen und zerstört. Damals lebte darin ein alter König, der sich von seinen unermeßlichen Schätzen nicht trennen konnte. Tief unter der Erde baute er sich einen Saal aus Marmor und Kristallen. Jahrhunderte mußte er sein Geld bewachen; denn Menschen, welche zu sehr an Gold und Silber hängen, sterben nicht, wenn sie auch noch so sehr um den Tod bitten. Als er dürr und trocken war wie ein Totengerippe, starb er endlich. Seiner Habgier zur Strafe wurde er in einen schwarzen, mageren Hund verwandelt und mußte weiter die Schätze bewahren. Nur um Mitternacht kommt er auf die Erde, verkleidet als altes Männlein mit einer schwarzen Pudelmütze, einem weißen Stock in der Hand. Auf dem  Weg nach Poseritz haben ihn die Leute um diese Zeit häufig gesehen. Zuweilen sei er auch auf dem Kirchhof. 


Der eroberte Becher 

Südlich von der Stadt Garz liegen die Reste des alten Burgwalles. In ihm befand sich vor undenklichen Zeiten eine Höhle, in der ein Becher aus purem Gold von einem schwarzen Hund bewacht wurde. Einmal drang ein beherzter Mann in die Höhle ein. Trotz des grimmig knurrenden Ungetüms ergriff er das strahlende Gefäß. Der Hund fuhr auf ihn los. Zum Glück hatte er jedoch einen zu stürmischen Anlauf genommen und verfehlte sein Ziel und der Mann konnte mit seiner Beute entkommen. 


Der Dobberworth lässt sich nicht abfahren 

Von dem Hügelgrab bei Sagard wird erzählt, ein Gutsbesitzer, auf dessen Feldmark der Dobberworth lag, habe aus Eifersucht versucht, ihn abzufahren.
Mit zwölf vierspännigen Wagen  machte er sich daran zu schaffen, doch das Geschirr zerbrach immer wieder, und er erreichte nichts. 
Als er trotz allem nicht aufhören wollte, warnte ihn eine Stimme aus dem Berg; da ließ er es. Der Dobberworth steht heute noch.


Der Goesselschutz

Von der alten Viek Barbers wurde erzählt, daß sie allerlei Künste könne. Wenn sie Gössel besprach, stellte sie sich in die Stalltür und warf sie einzeln zwischen ihren Beinen hindurch ins Freie. Bei jedem Wurf sprach sie: Dat´s för de Weih, Dat´s för de Kreih, un dat´s för alle Düwelei!
Damit hatte sie die Gössel gegen Raubvögel und gegen die Hexerei gesichert.


Die Entstehung des Dobberworths 

Vor Zeiten hauste auf Jasmund eine Riesin, die sich in den Fürsten von Rügen verliebt hatte und seine Gemahlin werden wollte. Als er ablehnte, rief die Riesin ihre Kriegsleute zusammen, denn sie wollte die Landenge zwischen dem Großen und Kleinen Jasmunder Bodden mit Sand und Steinen auffüllen, um schneller gegen den Putbusser Fürsten zu ziehen. Allein schon der erste Versuch mißlang; dann kaum war die Riesin mit einer Schürze voller Steine bis Sagard gekommen, als die Schürze zerriß und alles zur Erde fiel. Durch dieses Ereignis entstand der Dobberworth.


Die Herthabuche

Wenige Schritte vom Eingang der Herthaburg stand bis vor kurzem eine stark gewachsene Buche, die bei den Kulthandlungen der Göttin Hertha eine Rolle spielte. Aus dem Rauschen der Zweige sagte der Priester die Zukunft voraus, und die Göttin teilte auf diese Weise ihren Willen mit. 


Die Herthasage

Die Herthaburg in der Nähe der Stubbenkammer war in alter Zeit Wohnsitz der Göttin Hertha. Sie war den Menschen wohlgesinnt und belohnte die Mühe der Bauern mit reichen Früchten. Zur Erntezeit fuhr die Göttin auf einen mit Kühen bespannten Wagen durch das Land und wurde überall mit Jubel begrüßt. Nach der anstrengenden Fahrt badete die Göttin in dem unmittelbar neben der Burg gelegenen Waldsee, dem Herthasee. Diener und Dienerinnen wuschen den Wagen und leisteten Hilfe bei den heiligen Handlungen. Damit sie von den Zeremonien nichts ausplaudern konnten, wurden sie ertränkt. Die Geister der im See ertränkten versammeln sich noch heute am Ufer. 


Die Jungfrau am Waschstein

Am Fuß des Königsstuhls liegt ein gewaltiger, abgeflachter Granitblock, der als Waschstein bezeichnet wird. Auf seiner Oberfläche haben zwanzig Männer nebeneinander Platz. Auf diesem Stein erscheint alle sieben Jahre um Johanni bei Tagesanbruch eine zarte, verwünschte Jungfrau und wäscht ihre Kleider im Meer. Wer sie antrifft und „Guten Tag, Gott helfe" sagt, der hat sie erlöst. Aus Dankbarkeit wird sie ihren Befreier zu verborgenen Schätzen führen. 


Die Schätze des Hiddenseer Klosters 

Das Hiddenseer Kloster soll eines der reichsten im damaligen Pommern gewesen sein. Die Mönche hatten viele Schätze angehäuft. Beim Verlassen der Insel konnten sie dann die goldenen Kirchgefäße, die Edelsteine und Silbersachen nicht alle mitnehmen. Sie wurden auf der Insel vergraben, darunter eine goldene Wiege und zwölf goldene Apostel. Nach einer anderen Fassung versteckten die Hiddenseer Mönche Ihre Schätze in einem Hügelgrab, bevor sie das Kloster räumten und auf Seeland ein Unterkommen fanden. Von dort aus kehrten später zwei Mönche zurück, bargen die auf Hiddensee verbliebenen Kleinode und brachten sie nach Dänemark. 


Die schwarze Frau in der Stubbenkammer

In der Stubbenkammer führt ein schmaler, steiler Pfad zur Höhle der schwarzen Frau. Sie sitzt da seit vielen hundert Jahren. Früher bewachte sie einen goldenen Becher. Oben auf dem Felsen saß eine weiße Taube. Es mag hundert Jahre her sein, als ein in Dänemark wegen Hochverrats zum Tode Verurteilter den Befehl erhielt, durch den Raub des Bechers sein Leben zu retten. Begleiter führten ihn bis auf den Felspfad.
Der Verurteilte fand die Höhle offen, in der unbeweglich, in Flammen eingehüllt, die schwarze Frau saß. Sie war in Seide gekleidet, und ein schwarzer Schleier verdeckte ihr Gesicht. Neben ihr lag der Becher. Der Eindringling griff danach. Da schlug die schwarze Frau den Schleier von ihrem bleichen, schönen Gesicht zurück, sah ihn an und klagte mit leiser Stimme: "Wähle recht, fremder Mann! Wenn du recht wählst, so bin ich auf ewig Dein!" Der Missetäter aber sah nichts als den Becher und nahm ihn fort. Im Davoneilen hörte er es hinter sich seufzen: "Weh mir, nun kann mich keiner erlösen!"In diesem Augenblick verwandelte sich die weiße Taube in einen Raben, der dort ewig Wache hält. 


Die Steinprobe

In der Nähe des Burgwalles liegt ein Felsblock, Sagenstein genannt. Auf ihm sind die Eindrücke eines Menschenfußes und eines Kinderfußes zu sehen. Es wird erzählt, daß sich unter den Dienerinnen der Göttin Hertha eine Jungfrau befand, die trotz Verbots einen Ritter liebte und ihn allnächtlich im Wald traf. Bald darauf entdeckte der Priester, daß eine Jungfrau ihr Gelöbnis gebrochen hatte. Da keines der jungen Mädchen das Vergehen zugab, befahl die Göttin die Steinprobe. Jede Dienerin mußte mit bloßen Füßen den Stein besteigen. Als die Schuldige den Findling bestieg, drückten sich ihr Fuß und auch der Fuß eines kleines Kindes ein. Der Priester führte das Mädchen an den steilen Rand der Kreideküste und stieß es hinab. Doch die Göttin ließ die Ungehorsame in die Arme ihres Geliebten sinken, der sie mit auf sein Schiff nahm. 


Die Waschjungfer am Zudar

Die Seejungfern sind überall auf der Insel Rügen heimisch, besonders gern aber halten sie sich an der Küste von Zudar auf. In schönen Sommernächten tauchen sie aus dem Wasser empor und führen an den Ufern ihre Regentänze auf. Niemand hat sie bisher aus der Nähe gesehen, weil der Nebel, das Gewand der Seejungfrauen, neugierigen Augen den Blick verwehrt. Man sagt, das sei auch gut; denn wer einmal eine Seejungfrau ganz aus der Nähe gesehen habe, müsse ihr in das Meer folgen. In der Johannisnacht erscheint jährlich irgendwo an der Küste der Halbinsel Zudar eine Waschjungfer, eine Art Seejungfer, und wäscht dort ihr Zeug aus. Jeder kann hören, wie sie mit dem Waschholz auf die nassen Kleider klopft. Aber es ist auch schauerlich anzuhören, denn gleichzeitig ertönen unter dem Wasser die Glocken, welche auf dem Grunde des Meeres liegen: sie geben einen dumpfen Ton. Die armen Landarbeiter erzählen sich häufig Geschichten über sagenhafte Schätze. 
Immer war ihr Hebung mit Schwierigkeiten verbunden, und niemals schafften es die Beteiligten, die Reichtümer zu bergen. 


Musikanten im Garzer Wallberg

Mehrere Musikanten, die eines Tages von Rambin nach Rosengarten gingen, um zum dortigen Erntefest aufzuspielen, schlugen den Richtweg ein, der über den Schloßwall führt. Als sie den Wallberg betraten, fanden sie zahlreiche Buden und Lauben, in denen gegessen und getrunken wurde. Sie wurden eingeladen, spielten auf, aßen und tranken und vergnügten sich so sehr, daß sie zunächst das Erntefest in Rosengarten vergaßen. Endlich fiel ihnen ein, nach Rosengarten weiterzugehen. Als sie dort mit Fiedel und Baß ankamen, staunten die Leute über die bärtigen Musikanten und fragten, wo sie denn spielen wollten. Auch den Musikanten kamen alle sehr verändert vor. Endlich erinnerte sich ein älterer Bauer, daß vor zehn Jahren ein Erntefest gefeiert wurde, zu dem die Musikanten nicht gekommen waren. Wie erstaunt waren da die Rambiner, als sie erfuhren, daß sie zehn Jahre lang im Wallberg gesessen hatten. Ihnen selbst war es vorgekommen, als wären sie dort nur wenige Stunden gewesen. 


Prinzessin im Garzer Wallberg

Im Garzer Wallberg ist eine Prinzessin eingeschlossen, mit ihr viele Schätze an Gold und Silber und ein funkelnder Becher. Jedes Jahr am Ostermorgen sitzt die Prinzessin auf dem Wall. Wenn ein Junggeselle, der noch nicht geliebt hat, der Prinzessin das richtige Wort sagt, ist sie erlöst. Bis jetzt ist niemand  zur richtigen Zeit gekommen und hat das richtige Wort gefunden. Der kostbare Becher dient der Prinzessin als Trinkgefäß; er soll unter dem tiefsten Punkt des Wallberges verborgen liegen. Dort ist er durch Zauber gebannt. Wer ihn löst, gewinnt den Becher. 


Schatzhüter im Garzer Schlosswall 

Vor vielen, vielen Jahren stand dort, wo noch der Burgwall zu sehen ist, ein großes und schönes Heidenschloß, in dem die Bewohner ihre Götzen anbeteten. Dieses Schloß wurde von den Dänen eingenommen und zerstört. Damals lebte darin ein alter König, der sich von seinen unermeßlichen Schätzen nicht trennen konnte. Tief unter der Erde baute er sich einen Saal aus Marmor und Kristallen. Jahrhunderte mußte er sein Geld bewachen; denn Menschen, welche zu sehr an Gold und Silber hängen, sterben nicht, wenn sie auch noch so sehr um den Tod bitten. Als er dürr und trocken war wie ein Totengerippe, starb er endlich. Seiner Habgier zur Strafe wurde er in einen schwarzen, mageren Hund verwandelt und mußte weiter die Schätze bewachen. Nur um Mitternacht kommt er auf die Erde, verkleidet als altes Männlein mit einer schwarzen Pudelmütze, einem weißen Stock in der Hand. Auf dem  Weg nach Poseritz haben ihn die Leute um diese Zeit häufig gesehen. Zuweilen sei er auch auf dem Kirchhof.